So unterschiedlich junge Menschen sind: Alle sind im Wissen aufgewachsen, dass wir nachhaltiger handeln müssen, um unsere eigene Zukunft zu retten
Daher ist Nachhaltigkeit eine Selbstverständlichkeit – einerseits. Andererseits ist dieses Wissen nichts, was junge Menschen – von Ausnahmen abgesehen – dazu bringt, ihr ganzes Leben nachhaltig auszurichten. „Der gute Wille ist da“, sagt Dr. Jan Tänzler. Es werde weniger Fleisch gegessen oder öfter mal aufs Rad gestiegen. „Aber das hält die wenigsten davon ab, Fast Fashion bei Temu oder Shein zu bestellen oder auch mal für eine Feierwoche nach Mallorca zu fliegen.“
So nachsichtig junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren auf ihre eigenen Unzulänglichkeiten schauen: Unternehmen dürfen nicht auf dasselbe Verständnis hoffen. „Da wird häufig mit zweierlei Maß gemessen“, hat Tänzler festgestellt, der an der Universität Mannheim seit vielen Jahren zum Thema Nachhaltigkeit forscht und lehrt und viel mit Studierenden über ihre Ziele und ihre Werte spricht. Spätestens wenn es um die Frage geht, wo sie später arbeiten wollen, legen die Studierenden die Messlatte recht unerbittlich an.
„Wer sich nachhaltiger gibt als es der Realität entspricht, wird abgestraft.“ Durch Desinteresse. Und das kann sich in Zeiten des wachsenden Facharbeitermangels kein Unternehmen mehr leisten.
Dr. Jan Tänzler
Unternehmer, Wissenschaftler und Experte für Familienunternehmen
Warum sollten Unternehmen auf Sustainable Recruiting setzen? Und wie gelingt es? Dr. Jan Tänzler liefert die Antworten
Nachhaltigkeit – eine Generationenfrage
Ebenso wenig leisten können Unternehmen es sich, spöttisch auf einen „grün-versifften“ Nachwuchs zu schauen, den sie eh nicht rekrutieren wollen. „Wem die Umwelt wichtig ist, wählt nicht automatisch grün“, sagt Tänzler. Das Bewusstsein für den Wert von Nachhaltigkeit sei bei allen politischen Lagern verankert. „Das Wissen um den Wert der Nachhaltigkeit ist eher eine Generationen- als eine politische Frage.“
Für Unternehmen kann es sogar eine Überlebensfrage werden. Junge Menschen wollen gerade während ihrer Arbeitszeit etwas Sinnvolles schaffen. Deshalb wird bei potenziellen künftigen Arbeitgebern aufmerksam geschaut, wie die sich verhalten. „Eine Homepage mit ein paar grünen Fotos reicht jedenfalls nicht“, sagt Forscher Jan Tänzler. Von Unternehmen und speziell vom eigenen Arbeitgeber werde verlangt, er möge sich wie ein verantwortungsbewusster Corporate Citizen verhalten.
So gelingt Sustainable Recruiting
Die Realität im Unternehmen kann von den Ansprüchen potenzieller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allerdings stark abweichen. Für Firmen, bei denen die Diskrepanz augenfällig ist, hat Jan Tänzler nur einen Rat: „Bloß nicht lügen!“ Sich lieber bedeckt halten in Sachen Nachhaltigkeit.
„Andererseits erwartet niemand das perfekte Unternehmen“, gibt Forscher Tänzler zu bedenken. „Es ist fast noch überzeugender, wenn ein Unternehmen ehrlich darüber berichtet, dass es sich auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit gemacht hat – auch wenn es auf diesem Weg vielleicht noch nicht allzu weit gekommen ist.“ Glaubwürdigkeit und Authentizität, sagt Tänzler, sind wichtiger als das Verkünden irgendwelcher erreichten Nachhaltigkeitsziele.
„Dorthin gehen, wo die jungen Leute sind“
Wer verkündet, möchte auch gehört werden. Damit taucht das nächste Problem des Sustainable Recruitings auf: Wie und wo finde ich die künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Durch Annoncen in der Tageszeitung nicht mehr, eher schon auf Job-Portalen. Der eigene Webauftritt ist sicherlich eine Visitenkarte, doch sollte kein Unternehmen darauf hoffen, dadurch magnetisch auf die überall umworbenen Fachkräfte zu wirken. Erfolgreicher ist eher persönliche Präsenz etwa auf Jobmessen: Persönlichkeit schlägt Werbung.
„Die Unternehmen müssen dahin gehen, wo die jungen Menschen sind: auf TikTok und Instagram, auf Snap und Twitch“, sagt Jan Tänzler. Nur so werden Unternehmen überhaupt wahrgenommen. Wobei es wenig hilft, wenn der Chef beim Insta-Reel staatstragend lächelt und in die Kamera winkt. „Es gilt, die richtige Balance zwischen seriös und witzig zu finden“, empfiehlt Unternehmensforscher Tänzler. Denn was langweilt, schaut sich niemand an. Und wo es langweilig zu sein scheint, will auch niemand arbeiten.
Gefragt sind originelle Ideen, witzige Formate und ein lockeres Herangehen. Kurze Clips zum Teilen. Und drollige Fotos statt genormter Stellenanzeigen. Wenn Unternehmen abwinken und sagen, dass ist ihnen zu aufwändig und teuer? „Das ist eine Frage der Prioritäten“, sagt Jan Tänzler, „dann ist das Problem mit den fehlenden Mitarbeitern offenbar nicht akut. Noch nicht.“
In drei Schritten zum Sustainable Recruiting
Sustainable Recruiting funktioniert nur, wenn das Unternehmen ein nachhaltiges Selbstverständnis hat – oder zumindest willens ist, es zu entwickeln. Je selbstverständlicher Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur gelebt wird, desto selbstverständlicher wird es auch im Recruiting eingesetzt.
Nicht lügen! Was immer im Recruiting behauptet wird, muss inhaltlich unterfüttert sein. Deshalb sollten Unternehmen im Vorfeld intern klären, wie stark und in welcher Form bestimmte nachhaltige Aspekte nach außen präsentiert werden sollen.
Sobald geklärt wird, welche Inhalte kommuniziert werden sollen, steht die Wahl der Kanäle an. Neben der Karriere-Seite beim eigenen Web-Auftritt und den Job-Portalen ist die Präsenz zumindest in den beiden wichtigsten Social-Media-Kanälen Instagram und TikTok unverzichtbar.
Für das jeweilige Social Medium gilt es kanal-spezifische Inhalte (etwa: Kurzvideos für TikTok) zu entwickeln. Es ist keineswegs ehrenrührig, für Brainstorming und Umsetzung auch externe Expertise zu nutzen, solange das Ergebnis authentisch bleibt.
„Wir sind nachhaltig“ kann jedes Unternehmen von sich behaupten. Durch die Inhalte auf Social Media und anderen Kanälen wird diese Behauptung greifbar – und damit glaubwürdig.
Vier Tipps für Sustainable Recruiting
1. Karriereseite nutzen
Hat die Präsenz auf Instagram und/oder TikTok neugierig gemacht? Dann schauen sich potenzielle Bewerber*innen den Webauftritt und dort insbesondere die Karriere-Seiten an. Wer dort Nachhaltigkeit als wichtiges Unternehmensthema (wieder)erkennt, fühlt sich abgeholt. Bewerberinnen und Bewerber erwarten, dass sich Unternehmen aktiv positionieren.
2. Bewerbungsgespräche neu denken
Warum durch halb Deutschland fahren? Bewerbungsgespräche per Teams oder Zoom senken den CO2-Ausstoß – und sind seit Corona eh fast normal. Und wenn es unbedingt der persönliche Austausch sein soll: Warum nicht den Schreibtisch verlassen und beispielsweise mit Oclean gemeinsam den Gänsemarkt aufräumen? Anschließend gibt’s Pizza – und vielleicht einen neuen Job.
3. Homeoffice akzeptieren
Präsenzpflicht im Büro schreckt viele junge Menschen ab. Sie sind zufriedener mit einer ausgewogenen Balance aus Büro- und Homeoffice-Arbeit. Wer entsprechende Wünsche nach Arbeiten vom heimischen Schreibtisch aus kategorisch ablehnt, wird vielfach auf eine ebenso kategorische Ablehnung potenzieller neuer Mitarbeiter*innen treffen.
4. Benefits „sustainable“ machen
Der Dienstwagen ist out. Wer nachhaltig denkende junge Menschen mit Corporate Benefits ansprechen will, sollte lieber an kostenlose Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr denken. An regionale Spezialitäten in der Kantine – und mehr als das eine vegetarische „Alibi“-Gericht. Letztlich darf auch das Arbeiten im Homeoffice als „Corporate Benefit“ verstanden werden …
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